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Geschichtliches


Der Andromedanebel oder die Andromedagalaxie M 31 ist unter günstigen Bedingungen schon mit dem bloßem Auge zu sehen. Charles Messier, ein französischer Astronom und Kometenbeobachter sah sie in seinem kleinen Teleskop als hellen Nebelfleck, der zum Zentrum hin heller wurde. Einzelsterne konnte er aber nicht erkennen. Er trug diesen Nebelfleck im Jahre 1764 in sein Katalog nebliger Flecken am Himmel als Nummer 31 ein. Eigentlich war er Kometenbeobachter; das Verzeichnis nebliger Objekte am Himmel fertigte er nur an, um Verwechlungen mit Kometen auszuschließen, die ebenfalls ein nebeliges Aussehen im Teleskop haben. Astronomen benutzen auch heute noch gerne die Katalogbezeichnungen von Messier. So bekam der Andromedanebel die Bezeichnung M 31.

Im 19. Jahrhundert baute Wilhelm Herschel ein riesiges Teleskop. Mit diesem entdeckte er viele Tausend dieser schwachen nebligen Flecken am Himmel, die er ebenfalls katlogisierte. Auch er konnte die wahre Natur der rätselhaften Nebel nicht entschlüsseln. Aber was waren diese geheimnisvollen Nebel nun? Waren es Gasnebel in unserer Milchstraße oder eigene Sternensysteme, also Objekte, die sich weit außerhalb der Milchstraße befanden??


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Der große Andromedanebel erscheint als heller Nebel
Ausschnitt aus dem POSS
Quelle: Digitized Sky Survey


Am 20. August 1885 sah Ernst Hartwig in dem Teleskop der Sternwarte Dorpat einen neuen Stern nahe des Zentrums im Andromedanebel. Im Verlauf von einigen Wochen verblaßte er wieder und verschwand im Nebelhintergrund. Sollte das ein Hinweis ein darauf hin, dass der Andromedanebel aus einzelnen Sternen besteht?? Einige Astronomen glaubten, dass es sich bei einigen Nebeln wirklich um eigene Sternensysteme außerhalb unserer Milchstraße handeln könnte. Untersuchungen mit Spektroskopen zeigten dann aber, das die meisten der von Herschel entdeckten Nebelflecken Wolken aus Gas in unserer Milchstraße waren. Damit wurde die Theorie, einige der Nebel seien eigene Sternensysteme, wieder verworfen.


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Die Randpartien von M 31 erschienen körnig
Einzelsterne sah man aber noch nicht; die hellen Sterne auf dem Bild sind Vordergrundsterne in unserer Milchstraße
Ausschnitt aus dem POSS
Quelle: Digitized Sky Survey


Im Jahr 1888 veröffentlichte John L. E. Dreyer den berühmten New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars (NGC) in dem sich viele der von Herschel entdeckten Sternhaufen und Nebel befinden und der über 8.000 dieser Objekte enthält. 1908 erschienen zwei Erweiterungen, der sogenannte Index Catalogue (IC). Zusammen mit dem NGC-Katalog enthielt er über 13.000 Nebelobjekte! So trägt z. B. der Andromedanebel auch die Bezeichnung NGC 224.

Im Jahre 1909 wurde auf dem Mount Wilson das damals größte Teleskop in Betrieb gesetzt: Der 1,5 Meter Spiegel. Mit diesem erschienen die äußeren Partien des Andromedanebels körnig. Man konnte zwar keine einzelnen Sterne erkennen, aber irgendwie sahen die Randpartien aus wie extrem unscharfe Sterne. Sollte der Andromedanebel doch aus Einzelsterne bestehen?

Ein entscheidender Schritt gelang zur Entfernungsbestimmung im Kosmos gelang Henrietta S. Leavitt. Im Jahre 1912 beobachtete sie Sterne in der großen Magellanschen Wolke am Südhimmel. Sie entdeckte dabei eine besondere Art von Veränderlichen Sternen - die sogenannten Delta Cepheiden. Sie fand heraus, dass diese Sterne um so heller strahlen, je langsamer sie pulsieren. Die Dauer der Lichtwechselperiode solcher Sterne ist ein Maß für ihre absolute Helligkeit! Diese Perioden-Leuchtkraft-Beziehung war der Schlüssel zur Entfernungsmessung im Weltraum. Das Problem war nur, welche Lichtwechselperiode entspricht welcher absoluten Helligkeit?

Der dänische Astronom Ejnar Hertzsprung ging an die Arbeit, dieses Problem zu lösen. Leider gab es keinen Cepheiden, der uns so nahe steht, das man seine Entfernung direkt mit Hilfe der Trigonometrie messen kann. Hertzsprung nahm als grobe Schätzung der Entfernung eines Cepheiden seine Eigenbewegung. Je geringer diese ist, desto weiter ist der Stern entfernt. Schließlich errechnete Hertzsprung die wahren Helligkeiten für einige Lichtwechselperioden.

Harlow Shapley wandte die Methoden von Hertzsprung auf die sogenannten RR-Lyrae Sterne in den Kugelsternhaufen unserer Milchstraße an und ermittelte ihre Entfernung. RR-Lyrae Sterne zeigen fast identische Lichtkurven wie die Cepheiden, haben aber sehr kurze Perioden von unter einem Tag. Daher wurden sie damals irrtümlich für Cepheiden gehalten.

Dabei zeigte sich, dass die meisten Kugelsternhaufen in einer Himmelsrichtung zu sehen waren. Shapley vertrat die Ansicht, dass sich die Kugelsternhaufen gleichmäßig um unser Milchstraßensystem verteilen und das wir uns nicht im Zentrum, sondern im Randbereich des Milchstraßensystems befinden. Shapley erstellte eine Karte vom Außenbereich des Milchstraßensystems und schätzte seine Größe ab, die er mit 300.000 Lichtjahren angab.

Während sich Shapley mit den Kugelsternhaufen in der Milchstraße beschäftigte, machte sein Kollege und Freund Adrian van Maanen Messungen an den Spiralnebeln. Er versuchte Eigenbewegungen der hellen Knoten in dem Spiralnebel M 33 zu messen und fand auf Aufnahmen verschiedenen Alters geringe Positionsveränderungen. Es sah so aus, als ob diese Spiralnebel rotieren wie riesige Feuerräder. Van Maanen und Shapley waren davon überzeugt, das diese Spiralnebel dennoch relativ nahe sein müßten, da man in ihnen Eigenbewegungen erkennen konnte. Stünden sie wirklich weit außerhalb der Milchstraße, müßten sie fast mit Lichtgeschwindigkeit rotieren, was unwahrscheinlich war.

G. W. Ritchey entdeckte 1917 mit seinem 1,5 Meter Teleskop in einem Nebelfleck mit der Bezeichnung NGC 6946 eine Nova. Er war sich sicher, dass es sich um eine Nova handelte - nur war ihre Helligkeit viel zu schwach; sie war sogar viel schwächer als unsere Sonne! Und das konnte nicht sein. Nach dieser Entdeckung suchte der Astronom H. D. Curtis auf Fotoplatten nach weiteren Novae in vermeintlichen Nebeln. Er fand drei weitere und vertrat die Ansicht, dass alle Nebel, die schwache Novae enthielten, in Wirklichkeit eigene Sternensysteme sein müssen.

Am 26. April 1920 kam es schließlich zu einer Debatte an der amerikanischen Akademie der Wissenschaften (National Academy of Science) in Washington. Shapley stellte seine Arbeit über die Kugelsternhaufen vor, sowie auf die von ihn errechnete Größe des Milchstraßensystems und unsere Position in ihm. Curtis dagegen berichtete von seinen Entdeckungen der Novae in den Spiralnebeln und zog den Schluß, dass sich die Spiralnebel weit außerhalb der Milchstraße befinden müssen, wenn man diese Novae mit denen in der Milchstraße gleichsetzen kann. Shapley konterte mit den Messungen seines Kollegen Van Maanen, aus denen hervorging, das die Spiralnebel relativ nahe sein müssen.

Letztlich keiner konnte den anderen überzeugen. Der sich so entwickelte Streit zwischen den Wissenschaftlern wurde erst im Jahr 1925 durch den Astronom Edwin Hubble beendet.

Bereits im Jahre 1919 nahm man auf dem Mt. Wilson ein noch größeres Teleskop in Betrieb - den großen 2,5 Meter Spiegel. An diesem machte sich der Astronom Edwin Hubble ab 1923 an die Arbeit, fotografische Aufnahmen von dem großen Andromedanebel, dem Spiralnebel M 33 und NGC 6822 zu machen. Die Randbereiche des Andromedanebels M 31 wurden auf diesen Aufnahmen erstmals in einzelne Sterne aufgelöst!


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Auflösung in Einzelsterne
Diesen Ausschnitt vom oberen Bild der Andromedagalaxie fotografierte Hubble am 2.5 Meter Teleskop des Mount Wilson. Es handelt sich bei diesem Bild zwar um einen Ausschnitt aus dem POSS, allerdings zeigt auch Hubbles Originalaufnahme wie dieses Bild Einzelsterne in der Andromedagalaxie!
Ausschnitt aus dem POSS
Quelle: Digitized Sky Survey


Eine besonders gute Aufnahme des Andromedanebels gelang Hubble am 5. Oktober 1923 Diese 45 Minuten lang belichtete Fotoplatte durchsuchte Hubble ein Jahr später und fand darauf drei Sterne, die im Andromedanebel standen: Zwei davon waren Novae und einer davon ein Veränderlicher vom Typ Delta Cephei, der die Bezeichnung "V1" bekam. Hubble bestimmte die Periode dieses Sterns zu 31 Tagen und ermittelte mit Hilfe der Perioden-Leuchtkraft Beziehung seine wahre Helligkeit. Anhand dieser Daten bestimmte er die Entfernung von V1 und kam auf 300 Kiloparsec oder 980.000 Lichtjahre! Damit war klar das der Andromedanebel weit außerhalb unserer Milchstraße liegt!


v1_a.jpg

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Der Cepheid "V1" in M 31 (Pfeil)
Mit diesem Stern bestimmte Hubble erstmals die Entfernung der Andromedagalaxie
Ausschnitte aus dem POSS
Quelle: Digitized Sky Survey


Im Februar 1924 schrieb Hubble an Shapley, dass er im Andromedanebel einen Cepheiden gefunden hat. Shapley wurde klar das die von ihm bekämpfte Theorie, die Spiralnebel seien ferne Milchstraßensysteme, bestätigt worden ist. Von dort an widmete er sich immer mehr dem Studium dieser fernen Milchstraßensystemen.

Am 1. Januar 1925 wurde mit der Verlesung der Ergebnisse von Hubble auf einer Tagung der Amerkanischen Astronomischen Gesellschaft die heftige Debatte um die wahre Natur der Nebel mit einem Schlag beendet. Der Andromedanebel und auch die anderen Spiralnebel sind große Ansammlungen von Sternen weit außerhalb unserer Milchstraße! Die Existenz ferner Galaxien oder auch "Welteninseln" war nun endlich bewiesen worden.

Bleiben schließlich noch die Messungen von Adrian van Maanen zu klären. Man weiß das er irgendwo einen Fehler bei seinen Messungen gemacht hatte, aber man weiß bis heute nicht genau, was er für einen Fehler gemacht hat.


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Einzelsterne im Randbereich der Andromedagalaxie
Dieser Auschnitt zeigt die Randpartien von M 31 deutlich in einzelne Sterne aufgelöst! Die sehr hellen Sterne auf dem Bild sind Vordergrundsterne unserer eigenen Milchstraße!
Ausschnitt aus dem POSS
Quelle: Digitized Sky Survey


Zusammen mit Milton Humason setzte Hubble seine Beobachtungen an dem 2,5 Meter Teleskop auf dem Mt. Wilson fort. Einzelne Cepheiden konnte er in dem Riesenteleskop in Galaxien bis etwa 3 Millionen Lichtjahren Entfernung ausmachen. Bei den schwächeren Galaxien weiter draußen nahm Hubble die mittlere Leuchtkraft der ganzen Galaxien und leitete daraus ihre Entfernungen ab. Er fand dabei immer mehr Galaxien und entwickelte ein Klassifikationsschema, welches auch heute noch angewendet wird. Er unterschied drei Haupttypen: Spiralgalaxien, elliptische Galaxien und irreguläre Galaxien.

Hubble und Humason fotografierten weiterhin auch die Spektren von vielen Galaxien und fanden dabei heraus, dass bekannte Spektrallinien immer zum roten Bereich hin verschoben waren. Diese Rotverschiebung ist auf den sogenannten Doppler-Effekt zurückzuführen und besagt, dass sich die Galaxien von uns entfernen. Auch fanden Hubble und Humason heraus, dass sich die Galaxien umso schneller von uns fortbewegen, je weiter sie entfernt sind. Damit kam Hubble zu dem Schluss, das sich der gesamte Kosmos ausdehnen muß wie ein Luftballon, der aufgeblasen wird. Das bedeutet aber auch, dass der gesamte Kosmos vor langer Zeit viel kleiner war und aus einem Punkt heraus entstanden ist: Humason und Hubble hatten den Urknall entdeckt.

Was Hubble doch wunderte war, dass er den Kern der Andromedagalaxie M 31 nicht in Einzelsterne auflösen konnte und das die Kugelsternhaufen von M 31 etwa viermal lichtschwächer waren, als die unserer Milchstraße! Dafür gab es nur zwei Erklärungen: Entweder waren die beiden Galaxien sehr unterschiedlich oder die Entfernung der Andromedagalaxie doch größer als angenommen.

Im Jahre 1948 wurde auf dem Mt. Palomar der 5 Meter Spiegel in Betrieb genommen. Edwin Hubble hatte sich besonders auf dieses damals größte Teleskop der Welt gefreut. Allerdings erlitt er im Sommer 1949 einen Herzinfarkt. Nur langsam verbesserte sich sein Gesundheitszustand wieder und erst im September 1953 konnte er seine geplanten Arbeiten am 5 Meter Spiegel auf dem Mt. Palomar aufnehmen und begann mit den Vorbereitungen. An einem Tag Ende September 1953 nahm er seine Frau mit und sah das Teleskop an diesem Tag das letzte Mal, da er am 28. September 1953 plötzlich an einem Gehirnschlag starb. Hubble konnte den 5 Meter Spiegel daher kaum nutzen. Um ihn für seine Forschungen und Entdeckungen zu würdigen, wurde das Hubble-Weltraumteleskop nach ihm benannt.

Am 5 Meter Spiegel machte sich allerdings auch der Astronom Walter Baade an die Arbeit. Er wollte eine Gruppe von veränderlichen Sternen im Andromedanebel beobachten; die sogenannten RR-Lyrae Sterne. Nach seinen Berechnungen mußten sie im 5-Meter Teleskop zu sehen sein; er fand aber nichts. Warum nicht? Waren die Entfernungsbestimmungen der Andromedagalaxie von Hubble doch nicht ganz korrekt?

Baade entdeckte, dass es zwei Sorten von Sternen gab - die sogenannten Populationen. Im Kern- und Außenbereich einer Galaxie befinden sich rote und alte Sterne (Population 2). Die Spiralarme dagegen werden von jungen, blauen und sehr leuchtkräftigen Sternen bevölkert (Population 1). Die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung wurden an RR-Lyrae Sternen in den Kugelsternhaufen geeicht, die zur Population 2 gehören.

Hubble hatte zur Entfernungsbestimmung der Andromedagalaxie aber Cepheiden benutzt, die sich in den Spiralarmen befinden und zur Population 1 gehören. Nach genauerer Untersuchung wurde festgestellt, dass diese etwa viermal heller sind als ihre roten Kollegen in den Kugelsternhaufen! Das heißt, dass die Andromedagalaxie in Wahrheit doppelt so weit entfernt ist wie bisher angenommen. Kein Wunder also, das Baade die RR-Lyrae Sterne in der Andromedagalaxie nicht gesehen hat! Mit der neuen Methode kam Walter Baade auf eine Entfernung der Andromedagalaxie von 600 kPc oder 1,95 Millionen Lichtjahre. Allerdings muß man noch die Abschwächung des Lichtes durch die sogenannte interstellare Absorption berücksichtigen. Somit wird die Entfernung der Andromedagalaxie heute mit 2,5 Millionen Lichtjahren angegeben.


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Blick in die nahe Galaxie M 33
Ausschnitt aus dem POSS (30 x 30′)
Quelle: Digitized Sky Survey


Mit den heutigen Teleskopen kann man die Randbereiche des Andromedanebels leicht in Einzelsterne auflösen. Es gibt heute im Internet viele sehr exzellente Aufnahmen, die einzelne Sternhaufen und Gasnebel in M 31 zeigen. Selbst Amateure machen heute mit Hilfe der Digitaltechnik und dem Aufaddieren von Einzelbildern Fotos in einer Qualität, die selbst frühere Aufnahmen mit dem 5-Meter Teleskop auf dem Mount Palomar weit in den Schatten stellen.

© Copyright: 1998-2023 Mario Lehwald
www.andromedagalaxie.de