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Kartografie der Oberfläche


Der Mond ist der einzige Himmelskörper, auf dem man schon mit dem bloßem Auge Einzelheiten seiner Oberfläche sehen kann. Da sind besonders die dunklen Flächen, die sogenannten Mondmeere (Maria) zu nennen, die auch dem "Mann im Mond" das Gesicht verleihen. Früher glaubte man wirklich, dass die dunklen Gebiete Wasserflächen sind. Heute wissen wir, dass es auf dem Mond kein flüssiges Wasser gibt und die dunklen Gebiete aus basaltähnlicher erstarrter Lava bestehen.

Die Selenografie beschäftigt sich mit der Kartografierung der Mondoberfläche und der Erstellung von Mondkarten.


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Karte der Maregebiete auf dem Mond
Aufrechte und seitenrichtige Darstellung
für den Anblick im Feldstecher
© Mario Lehwald


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Karte der Maregebiete auf dem Mond
Auf dem Kopf stehende und seitenrichtige Darstellung
für den Anblick im astronomischen Teleskop
© Mario Lehwald


Grundlagen der Kartografierung

Bei den Mondkarten unterscheidet man zwei Grundtypen. Die orthografische Projektion zeigt die Mondoberfläche so, wie wir sie von der Erde aus sehen, also als Halbkugel. Krater die am Rand dieser von der Erde aus sichtbaren Halbkugel liegen, erscheinen wegen dem flachen Blickwinkel stark verzerrt, also oval und nicht rund.

Die Mercatorprojektion ist dagegen eine entzerrte Darstellung. Sie zeigt die Mondoberfläche so, wie man sie senkrecht von oben betrachtet sehen würde.

Genau wie bei der Erde verwendet man auf den Mond ein Koordinatennetz mit Längen- und Breitengraden - die selenografische Länge und Breite. Der Nullpunkt dieses Koordinatennetzes wurde in die Mitte der von der Erde aus sichtbaren Mondhalbkugel bei Libration Null gelegt. So geht der nullte Längengrad (Nullmeridian) durch den Krater Walter.

Die selenografische Länge wird ausgehend vom Nullmeridian nach Osten positiv, nach Westen negativ von 0 bis 180 Grad gemessen. Die selenografische Breite wird ausgehend vom Äquator von 0 bis 90 Grad gemessen. Dabei verwendet man die Zeichen N für Nordhalbkugel und S für die Südhalbkugel.


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Das Koordinatennetz auf dem Mond
Der Nullpunkt liegt in der Mitte der Vorderseite bei Libration Null
© Mario Lehwald


Selenografische Colongitude

Wichtig ist weiterhin ein Wert, den man als selenografische Colongitude bezeichnet. Damit meint man den Längengrad, auf dem sich gerade der Morgenterminator, also die Licht-Schattengrenze der auf dem Mond aufgehenden Sonne befindet. Dieser Wert wird im Gegensatz zur selenografischen Länge ab dem Nullten Längengrad in westlicher Richtung durchgehend bis 360 Grad gezählt. Beim ersten Viertel liegt der Terminator genau in der Mondmitte, die Colongitude beträgt dann 0 Grad (oder 360 Grad). Bei Vollmond liegt er am westlichen Mondrand was einer Colongitude von 90 Grad entspricht. Beim letzten Viertel beträgt die Colongitude 180 Grad, der Terminator liegt dann auf der Mondrückseite, und bei Neumond 270 Grad (östlicher Mondrand).

Angaben zur Colongitude sind z. B. in astronomischen Jahrbüchern zu finden. Verschiedene Programme können sie aber auch für ein beliebiges Datum und Uhrzeit ausrechnen. Daher ist es immer wichtig, bei Mondfotos und -beobachtungen das Datum und die genaue Zeit zu notieren!

Die folgende Tabelle gilt bei Libration Null und gibt die selenografische Länge des Morgenterminators L sowie die Colongitude C für bestimmte Mondalter in Tagen an. Es wurde nur die Zeit von Neu- bis bis Vollmond berücksichtigt, weil sich der Morgenterminator nach Vollmond auf der Rückseite des Mondes befindet!


Alter L C Alter L C
0,0 90,0° E 270,0° 8,0 7,6° W 7,6°
0,5 83,9° E 276,1° 8,5 13,7° W 13,7°
1,0 77,8° E 282,2° 9,0 19,8° W 19,8°
1,5 71,1° E 288,3° 9,5 25,9° W 25,9°
2,0 65,6° E 294,4° 10,0 32,0° W 32,0°
2,5 59,5° E 300,5° 10,5 38,1° W 38,1°
3,0 53,4° E 306,6° 11,0 44,2° W 44,2°
3,5 47,3° E 312,7° 11,5 50,3° W 50,3°
4,0 41,2° E 318,8° 12,0 56,4° W 56,4°
4,5 35,1° E 324,9° 12,5 62,5° W 62,5°
5,0 29,0° E 331,0° 13,0 68,6° W 68,6°
5,5 22,9° E 337,1° 13,5 74,7° W 74,7°
6,0 16,8° E 343,2° 14,0 80,8° W 80,8°
6,5 10,7° E 349,3° 14,5 86,9° W 86,9°
7,0 4,6° E 355,4° 15,0 93,0° W 93,0°
7,5 1,5° W 1,5° 15,5 99,1° W 99,1°

Oft wird der Nullpunkt der Colongitude mit der momentanen Mondscheibenmitte gleichgesetzt. So wird allerdings nicht die Libration des Mondes berücksichtigt! Dadurch können sich Abweichungen zwischen dem theoretischen Wert und der Beobachtung am Teleskop ergeben. Nehmen wir z. B. an, der Mond steht genau im ersten Viertel. In diesem Fall läuft der Terminator genau durch die Mondscheibenmitte! Nun ist in unserem Beispiel durch die Libration der Mond etwas "verdreht" so dass nicht der Nullte, sondern gerade der dritte Längengrad West in der Mondscheibenmitte liegt. Damit haben wir auf der Mondoberfläche eine Abweichung des Terminators von drei Grad!


Orientierung auf dem Mond

Die Nord-Südrichtung wurde so festgelegt, wie man den Mond mit bloßem Auge oder in einen nicht umkehrenden Teleskop sieht, also Norden oben und Süden unten. Demnach ist Norden in Richtung des Mare Imbriums und Süden in Richtung des Kraters Tycho.

Osten und Westen auf der Mondhalbkugel hatte man früher mit der Ost- und Westrichtung am Himmel gleichgesetzt. Beim Blick mit bloßem Auge oder in einen nicht umkehrenden Teleskop ist demnach Osten rechts und Westen links. Das Mare Crisium liegt nach dieser Orientierung im Westen und der Oceanus Procellarum im Osten. Man bezeichnet diese Orientierung auch als astronomische Orientierung. Sie wird heute allerdings nicht mehr verwendet.

Im Jahr 1961 wurde von der IAU eine andere, seitdem verbindliche Orientierung festgelegt. Nach dieser ist Osten dort, wo für einen Astronauten auf dem Mond die Sonne aufgeht! Und das ist in Richtung des Mare Crisium. So liegt heute das Mare Crisium auf der Osthälfte und der Oceanus Procellarum auf der Westhälfte des Mondes. Man bezeichnet diese Orientierung auch als astronautische Orientierung. Alle heutigen Mondkarten verwenden diese Orientierung.


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Links: Die nicht mehr gebräuchliche astronomische Orientierung
Rechts: Die heute gültige astronautische Orientierung
© Mario Lehwald

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